by Shirley Grelli 

März 5, 2020

Binge Eating Disorder - Wenn Essen zur Sucht wird

Binge - Eating, wenn Essen zur Sucht wird. Die Betroffenen leiden unter Essanfällen die sie nicht mehr kontrollieren können und erhalten oft Empfehlungen wie: "iss doch einfch weniger und beweg dich etwas mehr." 

Neulich war ich wieder einmal am IKP an einer Fortbildung zum Thema «Neue Konzepte zur Behandlung von Binge Eating Disorder.» Und die war so spannend, dass ich Euch gerne davon berichte. Jsabella Zädow, Fachdozentin am  IKP, dozierte mit Leidenschaft durch den Tag und man merkte, dass es eines ihrer Herzensthema ist. Sie will aufklären, uns für das Thema sensibel machen und hat uns darauf aufmerksam gemacht, stets genau hinzuschauen. Der Tag war wie im Nu verflogen.

Binge Eating – was ist das?

Binge Eating Disorder, Abkkürzung BES oder BED ist eine Essstörung, bei der es zu periodischen Heisshungeranfällen mit Verlust der bewussten Kontrolle über das eigene Essverhalten kommt. Im Gegensatz zur Bulimie wird das Gegessene anschliessend nicht erbrochen. Von den Betroffenen leiden 41.7 % zusätzlich an Übergewicht.

Über die Ursachen von Binge Eating gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Etwa die Hälfte der Betroffenen litten oder leiden unter Depressionen. Dabei ist noch nicht geklärt, ob die Depressionen die Esssucht hervorruft oder umgekehrt. Wie so oft gibt es zur Entstehung und Funktion unterschiedliche Theorien.

In der Ernährungspsychologie

... gibt es die Theorie, dass das rigide Essverhalten, z.B. « ich esse keine Schokolade mehr, oder von jetzt an nur noch Vollkornbrot...» ein Risikofaktor für das Entstehen von Binge Eating ist. 

Auch der Zusammenhang von Diäten und Binge Eating wird untersucht. Viele Patienten berichten; «meine Mutter hat schon zig Diäten ausprobiert, Crash- und Blitzdiäten mit exakten Ernährungsvorschriften mit 1000 kcal sind an der Tagesordnung, die Einteilung von gesunden und ungesunden Lebensmitteln, zuckerfreie Ernährung und und.... glaubt mir, diese Liste liese sich noch x-beliebig erweitern. Persönlich liegt mir am Herzen:

Diäten gehören nicht an den Familientisch!

Manche Menschen haben nach Diät – Phasen Essanfälle. Unter Diät – Phasen versteht man:

  • das Überspringen von Mahlzeiten
  • unzureichende Nahrungsaufnahme während der Mahlzeiten
  • Vermeiden von bestimmten Nahrungsmitteln

Tagsüber essen Betroffene fast nicht, ganz nach dem Prinzip: «Ich esse durch den Tag ganz wenig, dann kann ich am Abend mehr essen.» Sich am Abend mehr Essen zu gönnen, kann auch bedeuten, sich gehen lassen zu wollen. Und wenn du bereits ein Problem mit Essattacken hast, solltest du da ganz ehrlich mit dir selber sein.

Ich will heute Abend unkontrolliert essen, darum esse ich heute wenig. = Ich will eine Essattacke als Kompensation für meinen schwierigen Alltag.

Dieses Prinzip wenden viele Betroffene an, sie essen am Abend, oder sie Überessen sich und fasten dann 2 -3 Tage. Die Verhaltensweisen können aber ganz unterschiedlich sein. 

Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass Menschen die an Esssucht leiden, Schwierigkeiten damit haben, mit ihren Emotionen umzugehen. Viele Menschen, die an einer Esssucht leiden, beschreiben, dass Ärger, Wut, Trauer, Langeweile, Erschöpfung, Unausgefülltsein, Einsamkeit, Angst oder Stress einen Essanfall auslösen kann. Die Ursachen für einen Essanfall sind sehr vielfältig und ich habe hier nur einen kleinen Teil aufgezählt.

Was sind Essanfälle?

Frau Meyer beschreibt es treffend so: «Es überkommt mich einfach und ich könnte pausenlos essen. Eigentlich weiss ich genau was ich tun müsste, aber es geht einfach nicht.»

  • In kurzer Zeit werden grosse Mengen an Nahrungsmitteln verschlungen, dabei können sich Betroffene nicht kontrollieren, der Essanfall kann nicht gestoppt werden. 
  • Es besteht kaum ein Genuss beim Essen.
  • Nicht mehr aufhören können, es wird weit über die Sättigung bis zu sehr unangenehmen Völlegefühlen gegessen.
  • Patienten berichten, dass Sie das Hier und Jetzt nicht mehr wahrnehmen, eine Art Tranceszustand.
  • Der Essanfall wird meistens geheim gehalten.
  • Nach dem Essanfall fühlen sich die Patienten oft müde, träge, schuldig und kämpfen mit einem schlechten Gewissen. Sowie Minderwertigkeitsgefühlen („Schon wieder habe ich es nicht geschafft!“)

Diagnosekriterien für Erwachsene sind seit 2013 in DSM V, wie folgt gekennzeichnet:

Mit Diagnosekriterien meint man, dass bei Erfüllung der untenstehenden Kriterien die Behandlung von den Krankenkassen (Grund- oder die Zusatzversicherung) übernommen wird.

  • Regelmässige Essanfälle
  • Essanfälle sind mit drei oder mehreren Merkmalen verbunden:
    • Oft wird wesentlich schneller gegessen als normal
    • Es wird gegessen, bis man sich unangenehm voll fühlt.
    • Dabei werden grosse Mengen verschlungen, obwohl man sich nicht körperlich hungrig fühlt
    • Viele Essen allein, weil es einem peinlich ist, wie viel man isst.
    • Man fühlt sich von sich selbst angeekelt, oder sehr schuldig nach dem Überessen
    • Die Essanfälle treten im Durchschnitt mindestens 1-mal pro Woche über 3 Monate auf.

Die neu eingeführte Schweregradeinteilung beruht auf der Frequenz der Essanfälle pro Woche (APA 2013):

Leicht: 1 - 3 Essanfälle / Woche

Mittel: 4 - 7 / Woche

Schwer: 8 - 13 / Woche

Extrem: 14 oder mehr Essanfälle / Woche

Therapie:

Wie bereits erwähnt, leiden viele Betroffene an Übergewicht und möchten abnehmen.  

 Die Genesung von BES hat in erster Linie nicht’s mit Kalorien und einer Gewichtsreduktion zu tun, sondern mit der Abwesenheit von Essanfällen.

​In der Therapie wird eine Normalisierung des Essverhaltens angestrebt, wobei auch die auslösenden psychischen Probleme mit Unterstützung eines Psychologen/in behandelt werden. Bei der Auswahl eines Psychologen ist darauf zu achten, dass sich die oder derjenige mit Essstörungen auskennt. Ich empfehle hier gerne Christiane Schräer von Winterthur weiter.

Bist du von BED betroffen und fragst dich wie eine ernährungspsychologsiche Beratung dich unterstützen kann? Ich werde dir helfen...

  • wieder einen regelmässigen Mahlzeitenrhythmus aufzubauen.
  • herauszufinden, welche Lebensmittel im Moment gut für dich sind und welche "triggern." Am Anfang der Therapie wirst du Triggerfood weglassen und im Verlauf der Beratung werden wir diese wieder langsam und stetig einbauen so, dass du diese später auch wieder geniessen kannst.
  • wieder zu lernen, wie du das Essen geniessen kannst ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.
  • geeignete Mahlzeiten aufzuzeigen, welche dich satt und zufrieden machen.
  • dass du wieder unbeschwert mit Freunden oder Kollegen auswärts essen gehen kannst.
  • den Zusammenhang zwischen deinem Gefühl und Essvorgang verstehen.
  • wieder das Hunger und Sättigungsgefühl kennen zu lernen.
  • wie du längerfristig das Gewicht reduzieren kannst ohne eine Diät zu machen.

Quellen:

  • Skript: Neue Konzepte zur Behandlung von Binge Eating Disorder, IKP, Jasabella Zäddow
  • Interdisziplinäre Essstörungstherapie, Beltz Verlag, E. Wunderer, A. Schnebel 1. Auflage 2008
  • Essattacken  - Ausbruch aus dem Teufelskreis, Zytglogge Verlag, H. Hinsen, 1. Auflage 2010
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